Der Umweltschutz als Anstoß für Innovation

Interview mit Architekt Martin Junger / architektur FACHMAGAZIN People 2021

Gibt es Materialien, die Sie in der Bau­planung in Bezug auf nachhaltige Bau­ten als besonders wichtig ansehen?
Meiner Ansicht nach, sind vor allem Brettsperrholzelemente und großfor­matige Mehrschichtholzplatten für klimaverträgliches Bauen besonders wichtig. Doch gleichermaßen erach­te ich alternative Dämmsysteme – in diesem Kontext sind unter anderem Zellulose und Holzfaserdämmplat­ten zu erwähnen – in puncto Nach­haltigkeit als unverzichtbar. Es gilt beim Hausbau aber immer, für jede Situation die bestmögliche Lösung zu finden. Aufgaben sind hier immer individuell anzugehen. Für den Umweltschutz in der Ar­chitektur ist es grundsätzlich auch notwendig, auf recyclebare Baustof­fe und Bauweisen zu setzen. Nur so lässt sich auf lange Sicht der Ver­schwendung von Rohstoffen entge­genwirken. In der Baubranche be­steht in diesem Punkt auf jeden Fall noch Aufholbedarf.

Von welchen Baustoffen kann die Architektur – Ihrer Meinung nach – in der Zukunft am meisten profi­tieren? Welche Materialien kommen womöglich in den nächsten Jahren vermehrt zur Anwendung?
Zukunftsträchtig sehen wir auf jeden Fall Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen an. Denn so ist es in der Architektur möglich, nachhaltig zu bleiben. Holz ist in diesem Fall ein besonders wichtiger Rohstoff. Doch auch sämtliche Materialien, die in einer Kreislaufwirtschaft Bestand haben, können die Baubranche be­reichern und diese in Zukunft auf ein neues Level bringen. Es sollte das Bestreben in der heutigen Zeit also darin bestehen, Baustoffe so oft wie möglich wiederzuverwenden. Das Recycling hat in Bezug auf den Kli­maschutz damit auch in der Archi­tektur einen hohen Stellenwert. Nur dann, wenn ein Baustoff die erwähn­te Voraussetzung erfüllt, ist es im Bau möglich, klimaneutral zu bleiben.

Ist in Bezug auf die verwendeten Materialien in der Baubranche ein Wandel erforderlich? In welchen Be­reichen gibt es diesbezüglich Ent­wicklungsmöglichkeiten?
Es ist in der Baubranche sicherlich ein Umdenken erforderlich, wenn es um die Wahl und den Einsatz der Materialien geht. In diesem Kontext ist unter anderem die unbedingt not­wendige Reduktion von Stahlbeton zu erwähnen. Dies liegt daran, dass bei der Herstellung von Zement hohe Mengen an COrEmissionen abgege­ben werden. Auch benötigt der ge­samte Prozess viel Energie, was sich auf lange Sicht defintiv negativ auf die Umwelt niederschlägt. Es ist immer besser, auf erneuerbare Materialien wie Holz zu setzen. In die­sem Punkt besteht in der Architektur auf jeden Fall noch Aufholbedarf.

Welche Chancen sehen Sie für die Baubranche im nachhaltigen/klima­verträglichen Bauen?
In diesem Punkt will ich die Automo­bilindustrie als Beispiel erwähnen. Denn hier entwickelten sich durch den Einsatz klimaverträglicher Tech­nologien, wie beispielsweise der Ein­führung von E-Autos, neue Märkte und Arbeitsfelder. Ähnlich könnte es letzten Endes auch in der Architektur ablaufen. Durch die vermehrte Investition in den Umweltschutz, könnten sich für Planer und Architekten innovative Tätigkeitsfelder entwickeln. Dies schafft natürlich neue Arbeitsplätze, weshalb die nachhaltige Bauweise für die Baubranche generell ein guter Schritt in Richtung Zukunft ist.

Von welchen Neuerungen in puncto Kli­maschutz könnte die Architektur Ihrer Meinung nach profitieren und warum?
Ich sehe die Chance der Architektur in puncto Klimaschutz darin, dass sich diese wieder vermehrt auf das Wesentliche konzentrieren könnte. Damit wäre es letztendlich möglich, langlebige und anspruchsvolle Räu­me zu schaffen. Es findet in diesem Fall das Bauen mit dem Menschen im Fokus statt. Es gilt, der Gewinnmaximierung, Ressourcenverschwendung und Kurzlebigkeit der Gebäude entge­genzutreten. Denn wie die derzeitige Entwicklung zeigt, hat eine ober­flächliche Herangehensweise weder in der Baubranche noch in anderen Sektoren Zukunft.

Welche Rolle könnte die Architektur in Bezug auf den Umweltschutz in Städten spielen?
Ich sehe die Hauptaufgabe der Ar­chitektur heute in erster Linie darin, Denkanstöße für den Klimaschutz zu geben. Sie kann aufzeigen, welche Möglichkeiten und Lösungswege es für das Problem gibt und wie sich Herausforderungen in diesem Be­reich mit unterschiedlichen Heran­gehensweisen meistern lassen. Allerdings handelt es sich bei den Verhaltensweisen, die heutzutage zur Klimaerwärmung und der Umweltver­nichtung führen, schlussendlich um ein gesamtgesellschaftliches, poli­tisches und wirtschaftliches Grund­problem. Also erst dann, wenn bei der breiten Masse und in der Politik ein Umdenken stattfindet, kann auch in der Architektur ein großformatiger Wandel erfolgen. Es handelt sich hier­bei immerhin um Bereiche, die sich gegenseitig beeinflussen. Für eine Veränderung braucht es Zeit.

fotos: junger_beer architektur / wien

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